Das Rödertal in der Oberlausitz war bereits seit dem 18. Jahrhundert in Sachsen eine Hochburg der Bandindustrie („Ribbon Valley“).
Nach den Kriegs- und Inflationsjahren begann mein Urgroßvater R. Paul Oswald ab 1924 mit einer eigenen Produktion von Hosenträgern - einer Zeit, in der Hosen noch mit Lederpatten- oder Gummibiesenträgern gehalten wurden.
Das Team bestand anfangs aus ihm als „Sales Manager“ und meiner Urgroßmutter, die neben dem Haushalt und der Betreuung von drei Kindern als „Production Manager“ für den Zuschnitt und die Näherei zuständig war. Später durften dann auch die Kinder nach der Schule noch mithelfen ...
Der Vertrieb erfolgte anfangs mit einem „Lasten“Fahrrad - z.B. 70 km bis ins Erzgebirge. 1992 erinnerte sich noch eine Kundin aus Dippoldiswalde an meinen Urgroßvater mit Fahrrad.
1956 erfolgte unter großen politischen Schwierigkeiten die Übergabe an meinen Großvater Heinz Oswald, der für die Firma bis dahin im Zweitjob die Buchhaltung getätigt hatte. Er baute neben der eigenen Produktion vor allem den Großhandel aus, erweiterte die Sortimente, managte den Betrieb im Rahmen sozialistischer Möglichkeiten und war dafür täglich gern 14 bis 18 Stunden tätig. Meine Großmutter Elli hielt ihm den Rücken frei und war von da an praktisch die Familienmanagerin.
1972 „entkam“ der Betrieb nur knapp der sozialistischen Enteignung, weil er dafür zufällig einen Vollbeschäftigten zu wenig hatte. Mein Großvater bezeichnete seine Firma manchmal ironisch als „LPG": Letzter Privater Großhandel, was allerdings nicht ganz der objektiven Realität entsprach, denn nach 1972 gab es auf dem gesamten Gebiet der ehemaligen DDR noch 5 (in Worten: fünf !!!) private Großhandelsbetriebe für Leder- und Kurzwaren.
Mit der politischen Wende 1990 übernahm mein Vater Axel Oswald den Familienbetrieb dann in der dritten Generation. Statt Beschaffungskünsten wurden jetzt Verkaufsfähigkeiten benötigt. Marktwirtschaft bedeutete für den kleinen Familienbetrieb vor allem Anpassungsfähigkeit und das Aufspüren immer neuer Bedarfsnischen. Eine ständig faire „Pflege der Bestandskunden“ wurde aber schon im Sozialismus praktiziert, was den „Neustart“ wesentlich erleichtert hat.
Seit 2014 ist die Firma nunmehr in 4. Generation am Markt, man kann es auch werbewirksam formulieren:
Seit nun schon 100 Jahren sorgt die Firma R. Paul Oswald unter
anderem dafür, dass die Hosen nicht ins „rutschen“ kommen.
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